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Franz Kafka

gelesen von Polina Gordienko

der deutschen Sozialdemokratie gewidmet

War einmal ein Revoluzzer,
im Zivilstand Lampenputzer;
ging im Revoluzzerschritt
mit den Revoluzzern mit.

Und er schrie: „Ich revolüzze!“
und die Revoluzzermütze
schob er auf das linke Ohr,
kam sich höchst gefährlich vor.

Doch die Revoluzzer schritten
mitten in der Straßen Mitten,
wo er sonsten unverdrutzt
seine Gaslaternen putzt.

Sie vom Boden zu entfernen,
rupfte man die Gaslaternen
aus dem Straßenpflaster aus,
zwecks des Barrikadenbaus.

Aber unser Revoluzzer
schrie: „Ich bin der Lampenputzer
dieses guten Leuchtelichts.
Bitte, bitte, tut ihm nichts!

Wenn wir ihn‘ das Licht ausdrehen,
kann kein Bürger nichts mehr sehen.
Lasst die Lampen stehn, ich bitt , –
Denn sonst spiel ich nicht mehr mit!“

Doch die Revoluzzer lachten,
und die Gaslaternen krachten,
und der Lampenputzer schlich
fort und weinte bitterlich.

Dann ist er zu Haus geblieben
und hat dort ein Buch geschrieben:
nämlich, wie man revoluzzt
und dabei doch Lampen putzt

Jüngst war der Tod bei mir zu Gast…
Unsichtbar stand er und hat still
und prüfend meinen Puls gefaßt,
als fragt er, ob ich folgen will.
Da ward mein Körper schwebend leicht,
und in mir ward es licht und rein.
Ich spürte: Wenn das Leben weicht,
muß Seligkeit und Süße sein.
Willkommner Tod, du schreckst mich nicht;
in deiner Obhut ist es gut,
wo Geist und Leib von aller Pflicht
von Kerkerqual und Ängsten ruht …
Von aller Pflicht? Stirbt denn mit mir
der Krieg, das Unrecht und die Not?
Des Armen Sucht, des Reichen Gier-
sind sie mit meinem Ende tot?
Ich schwur den Kampf. Darf ich ihn fliehn?
Noch leb ich  wohlig oder hart.
Kein Tod soll mich der Pflicht entziehn 
und meine Pflicht heißt: Gegenwart!

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Biographie Franz Kafka

Polina Gordienko

Franz Kafka (1883, Prag – 1924, Kierling), ein deutschsprachiger Schriftsteller jüdischer Herkunft. Mit seiner formal wie inhaltlich einzigartigen Schreibweise und der Vieldeutigkeit seiner Parabeln zählt Kafka zu den bedeutendsten Autoren des 20. Jahrhunderts. Er starb im Alter von 40 Jahren an Kehlkopftuberkulose.

Polina Gordienko, Mitarbeiterin bei „München ist bunt!“,
Studentin und Kommunalpolitikerin.